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Pressemeldung vom 14.07.2015

„Ich kann einfach nicht mehr“ - Not-Telefon des Kreises Paderborn bietet seit zwei Jahren Hilfe im Pflegealltag -

Kreis Paderborn (krpb). Berta ist seit Jahren bettlägerig. Ihr Mann pflegt sie zuhause. „Mein Vater hat begonnen, meine Mutter zu schlagen. Das ist für uns nichts Neues. Als Kind wurden wir auch geschlagen“, erzählt die Tochter und weint. „Die Familie braucht Hilfe und wird sie bekommen“, sagt Christa Kröger, Mitarbeiterin des Paderborner Kreissozialamtes. Sie war am Telefon, als die Tochter in ihrer Verzweiflung die Nummer des Not-Telefons wählte. Der Kreis Paderborn hatte vor zwei Jahren die Rufnummer 05251 / 308 – 900 geschaltet, um im Pflegealltag zu helfen, bevor alles wie bei dieser Familie aus dem Ruder läuft.

Christa Kröger war 25 Jahre als Krankenschwester tätig, bevor sie zum Kreis Paderborn kam. Sie weiß aus Erfahrung, wie viel Kraft es kostet, einen Menschen rund um die Uhr zu pflegen. „Da geraten Menschen sehr schnell an ihre Grenzen, so wie in diesem Fall“, erzählt Kröger. Sie war vor Ort, hat die blauen Flecken der Frau an den Armen gesehen, aber auch die Überforderung des Mannes, der physisch und psychisch am Ende war. Der auch ein Stück Opfer seiner eigenen Erziehung war. „Wir kommen nicht, um irgendein Verhalten zu ahnden, sondern um zu helfen“, betont Kröger.

Gewalt in der Pflege ist immer noch ein Tabuthema. Aber die Gewalt ist da und in allen Bevölkerungsschichten zuhause. Aggressionen können auch von Pflegebedürftigen selbst ausgehen, die ihre eigenen Hilflosigkeit, die Abhängigkeit von anderen, den Verlust ihres selbstbestimmten Alltags einfach nicht mehr ertragen. Der ganze Frust, die Traurigkeit und Wut über das eigene Schicksal entlädt sich dann bei jenen, die „greifbar“ sind. Also bei den Pflegenden.

„Ungelöste Konflikte in der Familie brechen dann so richtig auf“, erklärt Beate Wippermann, die auch im Netzwerk des Paderborner Kreissozialamtes mitarbeitet. Die Gewalt habe viele Formen, offene und verdeckte: Da würden die Pflegenden angeschrien, beschimpft, oder die pflegebedürftige Mutter oder der pflegebedürftige Vater machten nicht mit. Sie weigern sich zu essen und zu trinken, mitunter verschmutzen sie sich mit Absicht. „Da spielen sich menschliche Dramen ab“, sagt Wippermann. Betroffene schwiegen oft aus Scham oder dem Gefühl heraus, alles falsch zu machen. „Wichtig ist es, sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht. Das hat nichts mit versagen oder dergleichen zu tun. So geht es vielen. Und man ist damit nicht allein“, betont Wippermann.

Den Satz „Ich kann einfach nicht mehr“ hört sie deshalb sehr oft am Telefon. In solchen Situationen vermitteln sie und ihre Kolleginnen und Kollegen oft erst einmal einen Kurzzeitpflegeplatz, „damit wir mit den Angehörigen in aller Ruhe klären können, wo wir ansetzen können“, sagt sie. Ein ambulanter Pflegedienst könne wirksam entlasten, auch finanzielle Hilfen könnten vermittelt werden.

Auch rechtliche Probleme tauchen auf, wenn jemand plötzlich nicht mehr in der Lage ist, seine Briefe selbst zu öffnen oder Rechnungen zu bezahlen. Massive Probleme sind vorprogrammiert, wenn solche Dinge nicht in guten Zeiten durch Vorsorgevollmachten, Patienten-oder Betreuungsverfügungen geregelt wurden.

Die Zahl der pflegebedürftigen, älteren, kranken und behinderten Menschen wächst auch im Kreis Paderborn. Zwei Drittel davon werden zu Hause versorgt, teilweise unterstützt von ambulanten Pflegediensten. Oftmals über Jahre. Das geht an die Substanz. Durch die vielfältigen Kontakte zu Ärzten und Krankenhäusern, Pflegediensten, Ehrenamtlichen und vielen unterschiedlichen Dienstleistern vermitteln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kreises Paderborn die passenden Angebote auf Wunsch. „Einmal die 05251 308-900 anrufen, jede Menge Hilfe bekommen, bevor alles zu viel wird“, so genau funktioniert das Netzwerk im Pflegealltag. Niemand muss sich mehr durchtelefonieren, bevor er an der zuständigen Stelle gelandet ist.

Die Beratung ist kostenlos, unabhängig und vertraulich. Zu erreichen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hilfenetzwerkes im Pflegealltag von montags bis freitags von 8:30 Uhr bis 12 Uhr sowie donnerstags von 14 bis 18 Uhr unter der Tel.: 05251 – 308-900, per E-Mail unter hilfenetz@kreis-paderborn.de.
Außerhalb dieser Zeiten ist auch die Telefonseelsorge unter der (gebührenfreien) Telefonnummer 0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222 zu erreichen.

Mehr Infos im Internet: www.kreis-paderborn.de.

 

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